Zu Beginn der 4. Aschaffenburger Buchmesse im Schloss, am 12.11.22, wurden die Preisträger des Lyrikwettbewerbs »Echo« nach zwei Jahren Pandemiepause bekannt gegeben und ihre Werke vorgetragen.
Die Urkunden und Preise wurden durch den Oberbürgermeister Jürgen Herzing übergeben. Interpretiert wurden die Werke von Natalie Himmelsbach (Main-Reim) und Bernhard Bauser (Main_reim), Michael Seiterle (Main_reim) übernahm wieder die Moderation.
Die fünf Preisträger, die sich gegen weit über 500 Teilnehmer durchgesetzt haben, sind: (Ihre Texte weiter unten)
1: Claudia Vibrans aus Berlin mit »Hohe Kunst«
2: Andrea Rhein & Pedro Muñoz aus Bonn mit »Und ich lächle. Und ich lächle«
3: Dieter Brandl aus Wien mit »Die Wunschwand«
4: Gregor Schürer aus dem Ahrtal mit »Du bist«
5: Walther Stonet aus Metzingen mit »Der Ruf ins Nichts«
Bis in die letzte Runde, aber leider nicht auf die Preisplätze, schafften es:
Emily Scholl aus Leonberg mit »Das Echo«
Hajo Fickus aus Wangen im Allgäu mit »wenn du mein echo bist«
Noah Baron aus Syke mit »Vitrinensehnsüchte«
Gabriele-Stuermer-Aulbach aus Sailauf mit »Echo«
Katja Stöckigt aus Frankfurt mit »mens sana«
Jörg Isermeyer aus Bremen mit »Das Echo«
Wir bedanken uns bei allen Kreativen, die mitgemacht haben.
Claudia Vibrans
„Hohe Kunst“
Du maltest ein Echo
auf ein Blatt Papier.
Wie war das möglich?
Du zeigtest es mir.
Tatsächlich – ein Echo, i
ch konnte es sehen,
ich konnte es hören
und doch nicht verstehen.
Das Echo vibrierte,
es wogte, es schwang,
es wellte das Blatt
es war wie Gesang
Doch dann war Stille,
kein Widerhall mehr,
das Echo verklungen,
das Blatt war leer.
Andrea Rheine & Pedro Muñoz
„Und ich lächle. Und ich lächle.“
Sie
Nun trage ich
direkt an meiner Haut
deinen Pullover
den du getragen
eben, tanzend in der Küche
den du vergessen
danach, neben meinem Bett
Nun trage ich
direkt an meiner Haut
deinen Geruch
wie ein Echo unserer Stunden
Er
Noch trage ich
das T-Shirt
mit den Spuren der Lust
spüre deine Berührungen
noch auf meiner Haut schmecke bei jedem Atemzug
dich
Dein Körper
im Gedächtnis meiner Hände
ihre Erinnerung
ein Echo unserer Stunden
Sie
Den Pullover abgeworfen
in der Hitze des Schlafs
breitet sich nackt aus
ein neuer Morgen
Tief tönen
die Spuren unseres Tagtraums
Reste, Gläser, Flecken
im Kühlschrank, auf dem Tisch, dem Laken
In der Küche, im Esszimmer, Bett
in mir
Ich lasse sie
im neuen alten Tag.
Und ich lächele.
Er
Einsam erwache ich
nackt, nach traumreichem Schlaf
blinzelnd
nach dem, was so übervoll schwillt.
Alles an seinem Ort
Reste, Gläser, Flecken
Kühlschrank, Tisch, Laken
Küche, Esszimmer, Bett
Du
An einem anderen Ort
In meiner Küche rollen Pfefferkörner
aus meiner Hand
Hebe sie mechanisch auf
wie gestern noch
lachend
in deiner Küche.
Und ich lächele.
Dieter Brandl
„Die Wunschwand“
Ihr Stimmen aus dem Zauberberge –
Ihr seid wohl Trolle oder Zwerge?
Wer seid ihr denn, könnt ihr mir helfen?
– Elfen – Elfen – Elfen – Elfen.
Es freut mich, dass ihr mit mir sprecht,
und ihr erfüllt mir also echt
fast jeden Wunsch im Fall des Falles?
– alles – alles – alles – alles.
Oh, wirklich, jeden Wunsch komplett?
Ihr seid so gütig und so nett,
und habt auch Zeit für die Belange!
– lange – lange – lange – lange.
Das ist der Wahnsinn, wunderbar!
Bald bin ich reich, ein Superstar!
Und das gelingt beim ersten Mal so!
– also? – also? – also? – also?
Das Wichtigste, das ich begehre,
sind Reichtum, Macht und Ruhm und Ehre,
auch Luxusyachten, -Uhren, -Kleider!
– leider – leider – leider – leider.
Gregor Schürer
„Du bist“
Du bist das Echo, ich das Lot
Du bist die Butter, ich das Brot,
Du bist der Anfang, ich das Ende,
Du bist das Licht, ich bin die Blende.
Du bist der Nachklang, ich die Stille,
Du bist der Durchblick, ich die Brille,
Du bist mein Alles, ich dein Ein
Du bist das Ja, ich bin das Nein.
Du bist der Schall, ich bin der Rauch,
Du bist der Nabel, ich der Bauch,
Du bist das Glück, ich bin das Pech,
Du bist das Gold, ich bin das Blech.
Du bist die Resonanz, ich bin der Boden,
Du bist ein ganzes Buch, ich bin nur Episoden,
Du bist die Sahne, ich die Torte,
Du bist ….. jetzt fehlen mir die Worte.
Walther Stonet
„Der Ruf ins Nichts“
Ein Ruf ins Nichts: Kein Echo rollt.
Ich steh im Tal. Der Wald steht still,
Weil selbst der blöde Kuckuck schmollt.
Die Welt will nicht, wie ich es will.
Die Sonne steht. Ich steh ja auch.
Der Himmel weiß: Heut wird es heiß.
Dass ich schnell eine Lösung brauch,
Das juckt die Sonne einen Scheiß.
Ich rufe nochmal. Nichts. Kein Ton.
Die Frage, weiß ich, die bin ich.
Und ich kenn auch die Antwort schon:
Ich bin sie selbst. Der Sonnenstich
Droht mir. Und sicher Sonnenbrand.
Ich schau mich um, der Wald wär nah.
Der Schweiß verrinnt wie mein Verstand.
Ich ruf: „Zum Kuckuck!“
Der wär da.